Umschulung Umschulung

Durch Kontaktallergie mit Inhalten der Konservierungsstoffe und Kühlschmiermittel (Mono- und Tri-Ethanolamin, Benzylhemiformal, Glyoxal, Chlorallyl) musste ich 2003 eine Umschulung beginnen (angeordnet und finanziert durch die BGHM). Hier werde ich ein wenig über meine Erfahrungen berichten. Denn ich denke, dass dies in den nächsten Jahren auf viel mehr Arbeitnehmer zukommen wird.




Knapp 3 Jahre nachdem die Allergie in der Münchener (Uni-) Haut-Klinik bei mir festgestellt wurde, wurde  langsam das Realität, was mir die Ärzte dort vorhergesagt hatten:
Sie meinten damals, ich sollte meinen Job auf der Stelle hinschmeißen und einfach etwas anderes machen!
Was denn? Mir machte mein Beruf Spaß, gerade hier in dieser Firma: Abwechslungsreiche, verantwortungsvolle und kreative Tätigkeit als Zerspanungsmechaniker, Fachrichtung CNC-Schleiftechnik (auf STUDER). Bearbeiten von Metallteilen (vornehmlich Nockenwellen und Getriebeteile für den Motorsport), die höchsten Anforderungen genügen müssen (z.B. in der Formel 1).
Jetzt einfach neu zu Lernen beginnen, einfach noch einmal von vorne anfangen? In meinem Alter? Mit einem verminderten Gehalt? (Anm.: Die BGHM muss die Umschulungskosten, sowie ein Unterhaltsgeld und Ausgleichszahlungen über eine Dauer von max. 5 Jahren leisten. Das heißt: Innerhalb dieser 5 Jahre sollte sich am Verdienst angeblich kaum etwas ändern, es wird jedoch auch nicht mehr (KEINE Inflationsanpassung!); eher weniger: z.B. Abzug wegen geringerer Fahrkosten!)

Was ist dann mit der Hypothek? Was mit meiner Familie?




Was jetzt?

Jetzt (2003), nachdem die Hautklinik in Erlangen das Gutachten für die BGHM mit der Empfehlung auf Umschulung abgeschlossen hat.

Mein Arbeitgeber hatte mir vorgeschlagen, die Produktion zu verlassen und bot mir eine Stelle in der Qualitätssicherung (QS) an. Das aber war inakzeptabel für den Berufshelfer der BGHM! Denn: In unserer Firma befindet sich die QS inmitten der Produktionshallen. Zwar abgemauert und klimatisiert, jedoch hätte ich weiterhin Haut- und Atemkontakt mit den Kühlmittelnebeln, bevor ich die QS betrete und sobald ich die Qualitätssicherung wieder verlasse; sowie weiterhin Kontakt mit Konservierungsstoffen. Laut BGHM wäre für mich wohl der kaufmännische Bereich eine sinnvolle Berufs-Alternative. Ich? Ein Verkäufer?
- Das kann ich mir nur schwer vorstellen. Weil: In jungen Jahren (mit 18, 19) habe ich schon einmal den Versuch unternommen, nebenbei Versicherungen an den Mann zu bringen (HMI). Dies war aber absolut nicht mein Fall! Nicht, dass mir der Job an sich nicht gefallen hätte, denn wir waren ein junges, motiviertes und tatkräftiges Team... Aber ich für meinen Fall kann niemanden etwas aufdrängen, was er partout nicht haben willl...

Nun (02/2003) schickt mich der Berufshelfer der BGHM zuerst auf einen 2-wöchigen Kurs zur "Berufsfindung und Arbeitserprobung" in ein Berufsförderungswerk.

Aufgrund der Ankündigung meiner Teilnahme zu diesem Kurs hat mir mein Arbeitgeber nun das Messer auf die Brust gesetzt: Ich sollte mich innerhalb von 4 Tagen für oder gegen die Anstellung in der QS entscheiden - jedoch wollte ich zuerst den Berufsfindungskurs abwarten, welchen ich derzeit noch als wichtige Entscheidungshilfe werte.
Durch ein Gespräch mit dem Berufshelfer der BGHM konnte der Kurs um knapp 4 Wochen vorverlegt werden, so hat sich auch mein Arbeitgeber einverstanden erklärt, bis nach dem Kurs auf meine Entscheidung zu warten. Danke.




Also habe ich mich auf den Weg in die Schule zur Berufs-Findung gemacht...

Die erste Woche läuft hier so ab:
Vormittags Tests: Psychologische, aber auch Wissenstests (Deutsch, Rechnen), Merkfähigkeit, sowie ein arbeitsmedizinischer Gesundheitscheck (Bewegungseinschränkungen, Sehtest, sowie Blut- und Urin-Untersuchung).

> Mein Rat an potenzielle Umschüler: Bereitet euch NICHT auf diese Tests vor! Macht einfach unvoreingenommen alle Tests mit, dann entsteht hierbei ein guter Querschnitt über euer Können und Wissen.
Vorbereitete, antrainierte Testpersonen betrügen nicht die Ärzte und Psychologen, sondern nur sich selbst!

Noch ein Tip: Wer eine Techniker-Ausbildung anstrebt, der sollte vielleicht (trotz obiger Warnung) noch einmal einen Blick in seine Formelsammlung wagen, falls er im Fachrechnen nicht mehr so fit ist... ;-)

Nachmittags werden dann diverse Berufsgruppen und Berufsausbildungen vorgestellt.

In der zweiten Woche erfährt man dann die genaue Auswertung aller Tests und führt die Arbeitserprobung der in Frage kommenden Berufe statt. Bei mir waren das: Techniker-Test, Elektroberufe, Technisches Zeichnen, CAD, Kaufmännische Berufe und die IT-Berufe. Danach erfolgt das Abschlußgespräch (mit einem Psychologen) und sollte mit einer Berufsempfehlung enden.

In meinem Fall wurde eine Fortbildung zum Maschinenbautechniker befürwortet und die BGHM hat sich bereit erklärt, die Kosten hierfür zu übernehmen. Dies allerdings unter der Auflage, daß ich mich in meinem zukünftigen Arbeitsleben von der Fertigung fernhalte und nur noch in der Verwaltung / Konstruktion / Arbeitsvorbereitung / Vertrieb, etc. tätig werde.
Ergo drücke ich seit Mitte Mai 2003 wieder die Schulbank... :-).

Allerdings wurde mir noch ein Vorbereitungskurs (3 Monate)  nahegelegt, um das "Lernen wieder zu lernen" -> was sich im Nachhinein für manche meiner Kollegen als erweiterter Befähigungsnachweis herausgestellt hat => will heißen: Wer hier faulenzt, fliegt oder bekommt starke Auflagen (Notenschnitt-Zwang)!




VT Continental
HT
MK hwkno

 Zuletzt aktualisiert am:  22.12.2021